Sächsische Zeitung, Juni 2006
 Montag, 8. Mai 2006
Zwei Dickerchen genießen weltweit Sympathie
Von Katlen Trautmann
Vermarktung. Die Kunstsammlungen haben die Rechte für die Engel der Sixtinischen Madonna, aber auch andere nutzen die Putti.
Zwei Knaben sind die meistadoptierten Kinder der Welt. Die Lausbuben lümmeln seit Jahrhunderten zu Füßen einer Dame und erfreuen sich höchster Sympathie. Die Engel sind ebenso berühmt wie ihre Herrin, die Sixtinische Madonna (1513) von Raffaelo Santi (geb. 6. April 1483 in Urbino; gest. 6. April 1520 in Rom). Das Gemälde residiert seit 150 Jahren in der Sempergalerie im Zwinger. Die Dickerchen sind Symbol Dresdens und seines Jubiläums. Die Landeshauptstadt befindet sich in bester Gesellschaft: Denn Besitz hin oder her – weltweit schmücken Stadtväter, Vereine und Geschäftsleute Produkte mit den Putti.
Atlanta, Hauptstadt des US-Bundesstaates Georgia und Firmensitz des Coca-Cola-Konzerns, hat die Engel für sich entdeckt. Im „Underground“, einer beliebten Bummelmeile der Innenstadt, blicken die Knaben in Multi-Kulti auf Spaziergänger. Mehr als jeder zweite Einwohner der Südstaatenmetropole ist farbig. Kein Pariser Boulevard oder Seine-Ufer ohne fliegende Postkarten-Händler. Ihr Lieblingsmotiv: die Engel. Der Louvre zeigt Bilder Raffaels, darunter „Der Heilige Michael“. Ob Rom, Mailand oder Florenz: die Souvenirshops quellen über von Schirmen, Uhren und Tassen. Engel-Toilettenpapier, Unterhosen oder Socken bereichern mancherorts das Sortiment ebenso wie Karten kiffender Engel. Auch Kappus-Seife trägt die Dickerchen auf dem Deckel der Blechdose. Bescheiden wirkt daneben das Angebot im Museumsshop der Gemäldegalerie: Magnet-Engel für den Kühlschrank, Tassen und Dosen bieten die Kunstsammlungen nach eigenen Entwürfen.
Markenrechte nicht geplant
Nicht alle anderen Hersteller besitzen die Erlaubnis der Kunstsammlungen, die die Rechte an den so genannten Abbildungsvorlagen besitzen. „Aufgrund des Hausrechtes können wir die Erlaubnis zum Fotografieren erteilen und Urheberrechte sichern“, erklärt Jurist Michael Geißdorf. Das Entgelt für die Herausgabe von Vorlagen richte sich nach dem Zweck – ob wissenschaftlich, werblich oder wirtschaftlich. Geschickte Maler könne man am Kopieren aber nicht hindern, so Geißdorf. Markenrechte sind weder vorhanden noch geplant. „Das setzt die regelmäßige Nutzung der Marke voraus“, erklärt Geißdorf. Für die Herstellung großer Mengen Engel-Souvenirs fehlt das Geld. „Die Engel sind das Bekannteste, was Dresden zu bieten hat“, sagt Marketingchef Matthias Gilbrich von der Dresden Werbe und Tourismus GmbH. „Allerdings auch das Meistgenutzteste.“
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