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Sächsische Zeitung, 25. August 2007

Loyalität zum Unternehmen lässt sich messen
Von Katlen Trautmann

Die Geldtransportfirma Heros geriet durch korrupte Manager ins Trudeln. Sie hatten insgesamt 300 Millionen Euro veruntreut und wurden dafür zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt. In einem anderen Fall kostete der Versand von neun privaten Briefen über das firmeneigene Frankiersystem einen Kundenbetreuer den Job. Doch auch schon die Aufforderung zum Betrug rechtfertigt die fristlose Kündigung. Das bekam ein Filialleiter im Raum Frankfurt/Main zu spüren. Der Leiter wollte einem Kollegen einen Pilotenkoffer abkaufen und feilschte um Rabatt. Als Ausgleich sollte der Kollege mehr Dienststunden abrechnen, als er tatsächlich geleistet habe. Der Leiter zeichnete die falschen Angaben ab und wurde nach dem Auffliegen fristlos gefeuert. Zu Recht, befand das Arbeitsgericht Frankfurt (AZ: 19 Ca 2975/04).

Schädigendes Verhalten

Arbeitnehmer fügen ihren Unternehmen in Deutschland durch Betrügereien Schäden in Höhe von mehreren Milliarden Euro zu, schätzt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungen. Personalberater versuchen daher, die Loyalität künftiger Mitarbeiter schon vor der Einstellung zu prüfen. Psychologen der Technischen Universität Darmstadt haben einen Test entwickelt, mit der sich die Neigung zu schädigendem Verhalten am Arbeitsplatz messen lässt.

Lässt sich Ehrlichkeit erfassen? Ja, sagt Psychologe Jens Hoffmann von der Arbeitsstelle für Forensische Psychologie und Leiter der Forschungsgruppe „Team Psychologie & Sicherheit“. „Es existiert eine psychologische Dimension ,Integrität´“, erklärt Hoffmann. Sie beschreibt, in welchem Maße ein Mensch zu schädigendem Verhalten neigt

Der Test erfasst sämtliche Facetten betriebsschädlichen Verhaltens von unerlaubten Fehlzeiten über Diebstahl von Firmeneigentum bis zu Korruption – für alle Hierarchieebenen. Probanden müssen zu 161 Punkten in 14 Kategorien wie Gewissenhaftigkeit, Tendenzen im Umgang mit anderen Menschen, Hang zu Nervenkitzel, Abhängigkeit von der Meinung anderer, Bescheidenheit oder Zielorientierung antworten. Die Ergebnisse ordnen den Teilnehmern einen Wert auf einer vierstufigen Skala zwischen „sehr integer“ und „vermutlich nicht integer“ zu. „Eine Person mit niedrigeren Integritätswerten ist anfälliger für Problemverhalten“, erläutert der Psychologe. Darüber hinaus kann das Integritätsprofil erstellt werden. Es beleuchtet das Abschneiden in den Kategorien und liefert Hinweise über berufliche Eignungen.

Unehrliche Personen

Für die Entwicklung des Tests hatten die Wissenschaftler zunächst 363 Personen aus der Allgemeinbevölkerung und 2195 Strafgefangene mit Eigentumsdelikten über ihre Einstellungen zu Eigentumsdelikten am Arbeitsplatz befragt. „Wir waren beeindruckt, wie deutlich sich die Dimensionen ,Einstellung zu kriminellem Verhalten im Betrieb´ und ,Gewissenhaftigkeit´ als entscheidend herauskristallisierten“, beschreibt es Hoffmann.

Unehrliche Personen rechtfertigten danach Diebstahl am Arbeitsplatz eher und hielten solches Verhalten auch bei anderen für normal. Sie charakterisierten sich zudem als weniger gewissenhaft und zuverlässig. In einer weiteren Stufe wurden 320 Arbeitnehmer aus unterschiedlichen Branchen befragt, u.a. Beschäftigte von Banken, Produktionsbetrieben, Restaurants oder eines kleinen Blumenladens. „Die Kombination von Intelligenz- und Integritätstest ist die sicherste Grundlage für eine Prognose von Berufserfolg“, unterstreicht Hoffmann. In den USA sind solche Tests gang und gäbe. Im deutschsprachigen Raum sind sie sehr umstritten. Rund 300 Firmen in Deutschland arbeiten Hoffmann zufolge bereits mit dem Test. Zu einer Stellungnahme in der Öffentlichkeit war keine Firma bereit.

Der Arbeitsrechtler Rechtsanwalt Jochen Hofmann aus Darmstadt hat den neuen Test juristisch geprüft und als unbedenklich eingeschätzt. „In dieser Ausgestaltung ist ein psychologischer Test durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zugelassen“, schreibt er in einem Prüfbericht. Für die Ausübung der Tätigkeit notwendige Charaktereigenschaften könnten damit rechtlich einwandfrei erfragt werden, hieß es. Nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens besteht für die Bewerber das Recht auf Vernichtung der Unterlagen. Grundsätzlich seien solche Tests zulässig, hieß es beim Sächsischen Datenschutzbeauftragten.

 

Katlen Trautmann • Tel.: 0351 31 777 81 • Fax: 3222 375 4 357 • Funk: 0171 26 66 354 • Email: katlen.trautmann@t-online.de

 
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