Sächsische Zeitung, 1. Dezember 2007

Das Ende der kleinen Speicher-Scheibe
Von Katlen Trautmann und Ulrich Wolf
Das Aus für die Kleinen
Dresden. Nun ist auch die sächsische Mikroelektronik in den Strudel des Preisverfalls bei Speicherchips geraten. Der größte Arbeitgeber der Branche in Dresden, die Infineon Technologies AG, kündigte am Freitag an, 600 Stellen zu streichen. Es treffe ausschließlich Leiharbeiter.
Grund ist das Ende der Speicherchip-Produktion in Dresden aus Siliziumscheiben mit 200 Millimetern Durchmesser. Der Auftraggeber dafür war seit Mai vergangenen Jahres die Infineon-Tochterfirma Qimonda. Deren Geschäftsführer Wolfgang Schmid sagte: „Die Preise für Speicherchips sind um 80Prozent abgestürzt. Die Fertigung auf 200-Millimeter-Scheiben lohnt sich nicht mehr.“ Qimonda habe daher das Lieferabkommen mit Infineon zum März 2008 gekündigt.
Infineon und Qimonda wollen nun jeweils 300 Leiharbeiter an die Zeitarbeitsfirmen zurückgeben; betriebsbedingte Kündigungen sollen vermieden werden. Die Details müssten aber noch mit dem Betriebsrat ausgehandelt werden – was dieser bestätigte. Vor fast vier Jahren hatten Zeitarbeitsfirmen Hunderte Beschäftigte von Infineon in dessen Auftrag übernommen.
Etwa 300 fest angestellte Mitarbeiter von Infineon sollen nun zu Qimonda wechseln – und zwar in die wesentlich effizientere 300-Millimeter-Fertigung. Infineon will mit den frei werdenden Kapazitäten Logikchips für Autoindustrie und Mobilfunk produzieren; die Umstellung darauf läuft seit drei Jahren. „Deren Mitarbeiter müssen sich keine Sorgen machen“, sagte Dresdens Infineon-Chef Helmut Warnecke. Man habe hier einen „guten Sockel“ geschaffen. Dennoch sei das jetzige Vorgehen eine „härtere Landung als erwünscht“. In Dresden habe das Unternehmen 30 Prozent Umsatzrückgang .
Qimonda-Chef Schmid betonte, außer der 300-Millimeter-Fertigung bleibe Dresden das Zentrum für Forschung und Entwicklung. Qimonda werde seine 200-Millimeter-Linie auch in Richmond in den USA zurückfahren. Die Auftragsfertigung in Asien laufe bereits aus.
Qimonda machte im Geschäftsjahr 2006/07 fast 250 Millionen Euro Verlust. Das belastete auch das Jahresergebnis von Infineon: Der Münchner Konzern beendete sein Geschäftsjahr mit einem Minus von 368 Millionen Euro. Infineon besitzt 77 Prozent von Qimonda, will sich davon aber trennen. Auch der zweite große Halbleiterhersteller in Dresden, der US-Konzern AMD mit 3000 Beschäftigten, ist finanziell nicht auf Rosen gebettet: Er häufte in den ersten neun Monaten dieses Jahres einen Verlust in Höhe von 1,1 Milliarden Euro an.
Den vom Personalabbau in Dresden betroffenen Leiharbeitern sprach Sylvia Knecht von der DIS AG Mut zu. Die DIS stellt in bedeutendem Umfang der Dresdner Chipindustrie Personal zur Verfügung. „Wir werden von unseren Infineon- und Qimonda-Zeitarbeitern niemanden entlassen“, sagte sie. Schließlich sei „Personalanpassung bei Kunden die Kernkompetenz von Zeitarbeitsfirmen“.