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Sächsische Zeitung, 2. November 2007


Sächsische Zeitung
Freitag, 2. November 2007

„Deutschland hat keine Strategie für Rohstoffe“ >/l>

Der Geowissenschaftler Sandro Schmidt kritisiert im SZ-Gespräch, dass deutsche Firmen zu wenig in ausländische Lagerstätten investieren.

Herr Schmidt, seit mehreren Jahre kennen die Preise für Rohstoffe nur eine Richtung: nach oben. Warum?a/b>

20 Prozent der Menschen in den Industrieländern konsumieren 80Prozent der Bergbauproduktion der Welt, hieß es früher. Diese Faustregel gilt nicht mehr. Mit China, Indien und anderen Schwellenländern beteiligt sich heute mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung am Handel bei Rohstoffen. China beispielsweise verbraucht 42 Prozent der weltweiten Steinkohle.

Was treibt die Preise so?

Sie richten sich vor allem nach den Produktions- und Transportkosten. Die Kapazitäten von Industriehäfen sind knapp; es fahren zu wenige Frachter. Als Folge explodieren die Frachtkosten. Das alles hängt vorrangig mit dem enorm gestiegenen Verbrauch und dem Zögern der Bergbaubranche bei Investitionen in die Infrastruktur zusammen. Die Angebotsseite kann mit der Nachfrage durch neue Konsumenten wie China kaum Schritt halten.

Welche Folgen hat dies für Rohstoff fördernde Unternehmen?

Übernahmen sind an der Tagesordnung. Nach solchen Fusionen diktieren immer weniger Anbieter die Preise. Die geologische Verfügbarkeit stellt aus unserer Sicht bei den meisten Rohstoffen das geringste Problem dar. Entscheidend bleiben die Kosten, zu denen gefördert werden kann. Mit steigenden Preisen können Rohstoffvorkommen wirtschaftlicher als heute erscheinen. Denken Sie an die Pläne zum Abbau der Kupfervorkommen in der Lausitz.

Wie gehen Firmen in Deutschland mit der Kostenlawine um?

Der starke Euro federt Härten ab. Die gute Weltkonjunktur kurbelt den Export an. Ändert sich das, wird die deutsche Wirtschaft die hohen Rohstoffpreise stärker als bisher zu spüren bekommen. Generell mangelt es in Deutschland an Bewusstsein für Rohstoffe und Versorgungssicherheit.

Was meinen Sie damit?

Die deutsche Industrie hat es versäumt, den Zugriff auf Vorräte zu sichern. Abgesehen von der Öl- und der Gasbranche haben sie weitgehend sämtliche Beteiligungen an ausländischen Lagerstätten verkauft. Anders als Japan verfolgt Deutschland keine Strategie für einen Zugang zu Rohstoffen.

Widerspruch: Kein Land der Welt fördert mehr Braunkohle als Deutschland.

Wir haben beträchtliche Vorräte an Braunkohle, Kali- und Steinsalzen oder Baurohstoffen. Allerdings werden andere wichtige Rohstoffe kaum oder gar nicht mehr gefördert. Bei Metallen sind wir zu 100 Prozent, bei Erdöl zu 97 Prozent, bei Erdgas zu 82 Prozent und bei Steinkohle zu 66 Prozent vom Import abhängig.

Was also ist zu tun?

Industrie und Bundesregierung schieben sich den Ball der Auslandsinvestitionen seit Jahren gegenseitig zu. Der Aufwand wäre unbezahlbar, argumentieren beide. Das kann zu kurz gedacht sein. Solche Engagements dürften sich wegen der Planungssicherheit in jedem Fall lohnen.

Das Gespräch führte Katlen Trautmann.

 

Katlen Trautmann • Tel.: 0351 31 777 81 • Fax: 3222 375 4 357 • Funk: 0171 26 66 354 • Email: katlen.trautmann@t-online.de

 
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