Sächsische Zeitung,28. Februar 2009

Viele Unternehmen stecken Zeit und Geld in eine Erfindung. Sie fechten den Ärger mit den Anträgen um Fördermittel aus. Dann schaffen sie es nicht, die Erfindung erfolgreich zu vermarkten. Unterdessen springen Konkurrenten auf den Zug auf, finden den richtigen Verkaufsdreh und machen Umsatz damit. Der Erfinder hat das Nachsehen. Und zu guter Letzt wird das Forschungsfördergeld zurück gefordert. Der Rechtsanwalt und Direktor am Institut für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Medienrecht, Sebastian Wündisch, nennt im Gespräch mit der Sächsischen Zeitung Stolperfallen und gibt Hinweise, wie sie sich vermeiden lassen.
Herr Wündisch, wird der Sachse seinem Ruf als Tüftler und Erfinder noch gerecht?
Die Sachsen waren und sind sehr innovativ. Vor 1945 kamen die meisten Patente in Deutschland aus Sachsen. Sie sind erfinderisch geblieben. Nahezu jedes sächsische Unternehmen hat eigene Patente.
Wie groß ist die Chance auf Geschäfte mit den Erfindungen?
Man muss Basis- und Zusatzpatente unterscheiden. Basispatente sind Türöffner in eine neue Produktgruppe und meist wirtschaftlich gesegnet. Die Technologie des MP3-Players zählt dazu. Zusatzpatente sichern das Umfeld des Basispatents ab, um Konkurrenten langfristig abzuschütteln.
Wer forscht erfolgreicher – Konzerne, klein- und mittelständische Firmen (KMU), der Tüftler oder Wissenschaftler?
Nach meiner Beobachtung sind oftmals KMUs besonders innovativ. Man denkt freier, ist weniger in starre Strukturen eingebunden. Das erleichert den großen Sprung, erhöht jedoch auch das Risiko des Scheiterns. Große Unternehmen sind administrativen Zwängen und dem unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen unterworfen. Die Innovationskraft wird hierdurch gelegentlich gehemmt.
Nicht jedes Unternehmen kann eigene Wissenschaftler anstellen. Wie können die KMU umfangreich forschen?
Die KMUs arbeiten immer öfter mit Hochschulen und Fachhochschulen zusammen. Doktor- und Diplomarbeiten mit Praxisbezug haben hohen Nutzwert. Darüber hinaus existieren Plattformen wie der Arbeitskreis Software bei Silicon Saxony, die einen zwanglosen Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis ermöglichen. Solche Angebote sind auch für andere Branchen sinnvoll.
Das kostet alles Geld. In welche Töpfe sollten KMU wegen Fördermitteln greifen?
Deutschland bedient sich bei der Forschungsförderung mit dem Zuwendungsbescheid leider einer Rechtsform des 19. Jahrhunderts. Dessen Auflagen engen die unternehmerische Freiheit ein. Für substanzielle Finanzspritzen sind Restriktionen zwar grundsätzlich hinzunehmen. Unternehmen verstoßen jedoch oftmals unwissentlich gegen die Auflagen. Spätestens seit dem Fall des finnischen Handyherstellers Nokia wissen wir, dass der Staat Subventionen nebst Zinsen zurückfordern kann. Sogar strafrechtliche Sanktionen drohen. Wenn ausländische Firmen ins Boot kommen, steigt der administrative Aufwand weiter. Schon die Förderbedingungen liegen in der Regel nur auf Deutsch vor. Fachspezifische Übersetzungen kosten zudem richtig Geld.
Wird das Verfahren EU-weit ähnlich gehandhabt?
Bei Verstößen gegen Eu-Recht sind zusätzlich zu den Rückzahlungen Vertragsstrafen von bis zu 20 Prozent fällig, und das Unternehmen wird für zwei Jahre von allen Förderungen der EU ausgeschlossen. Ansonsten sind ähnliche Strukturen zu beobachten.
Aber irgendwann ist das Projekt doch abgeschlossen. Ist dann alles ausgestanden?
Die Auflagen sind noch Jahre nach Abschluss des Projektes einzuhalten. Ein Beispiel: Nach Projektende hängt die Übertragung von geistigem Eigentum an Dritte von der Zustimmung des Fördergebers ab. Die öffentliche Hand sichert sich außerdem Zugriffsrechte auf die Ergebnisse des Projektes, die eigentlich dem Inhaber exklusiv zustehen. Einige Betriebe nennen Fördermittel wegen der Auflagen sogar „vergiftetes Geld“. Soweit würde ich nicht gehen. Doch jeder Betrieb sollte prüfen, ob er bestimmte Forschungsaktivitäten nicht besser aus eigener Kasse bestreitet. Alternativ ist bereits in der Antragsphase auf eine Anpassung des Förderbescheides hinzuwirken.
Das klingt nach viel Aufwand und wenig Freude.
Man darf die Förderstrukturen nicht verteufeln. Für junge Unternehmen bieten sie eine wichtige Finanzierungshilfe. Im Übrigen legen Banken bei Finanzierungen und Krediten verstärkt Wert auf Sicherungsrechte am geistigen Eigentum wie Patente, vor allem bei Hightech-Firmen. Firmengrundstücke - oder Werkstatt sind weniger attraktiv.
Gibt es Hoffnung auf unkompliziertere Förderbedingungen?
Der BDI hat eine Initiative zu einem Paradigmenwechsel in der Forschungsförderung gestartet. Danach soll Forschungsförderung wie in anderen EU-Ländern über Steuern eingeführt werden. Dann könnten Aufwendungen für die Forschung von der Steuerschuld abgezogen werden. Größere Unternehmen verlagern ihre Entwicklungsabteilungen bereits nach Österreich, wo dieses Modell bereits praktiziert wird. Die Auswirkungen dieses Ansatzes auf den Bundeshaushalt sind jedoch noch nicht geklärt. Vor der nächsten Bundestagswahl wird es kaum greifbare Ergebnisse geben.
Gespräch: Katlen Trautmann