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Ratten - lebende Anzeiger für Umweltverschmutzung

Ein Schatten huscht durch den Keller; hohes Fiepen lässt die Nackenhaare sich aufstellen - Ratten. Rund 120 verschiedene Arten bevölkern Europas Untergrund. Am häufigsten tummeln sich Haus- und Wanderraten (Rattus norvegicus). Laien betrachten die intelligenten Tiere oft mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu. Teils zu Unrecht.
Wanderratten eignen sich als lebende Anzeiger - so genannte "Bioindikatoren" - für die Belastung eines Gebietes mit Schwermetallen. Das ergaben Untersuchungen von Wissenschaftlern des Internationalen Hochschulinstitutes Zittau.

Die Tiere nehmen über Nahrung, Trinkwasser und Luft Schwermetalle wie Cadmium oder Blei auf und speichern sie in ihren Geweben und Organen. "Wildtiere sind von Einflüssen ihrer Umwelt abhängig. Jene wirken sich direkt auf die Organismen der Tiere aus", erläutert Simone Wünschmann von der Projektgruppe.Und das nicht irgendwie: Die Konzentrationen der in den Ratten analysierten Schwermetalle steht in vergleichbaren Verhältnis zu deren Konzentration beispielsweise im Boden oder der Luft, fanden die Forscher heraus. Für ihre Untersuchungen fingen die Wissenschaftler 22 frei lebende Wanderratten in der Nähe des Zittauer Tiergartens. An fünf Orten rund um die Fallen nahmen sie Proben des Bodens. Gewebe- und Organteile der sezierten Tiere wurden massenspektrometrisch untersucht und mit Analysen der Boden- und Luftproben verglichen.
Das Resultat verblüffte: Die Konzentrationen der Schwermetalle in den Proben der Gewebe und Organe bildeten das gleiche Verhältnis ab wie deren Konzentrationen in Luft und Boden. Die Schwermetalle traten zudem fein sortiert auf: Kupfer und Arsen sammelte sich im Herzen, Kadmium und Kobalt in der Niere. Die Knochen speicherten vor allem beispielsweise Nickel, Blei oder Zink. "Aus Messungen der Belastung dieser Wildtiere lassen sich Rückschlüsse auf die Belastung der Lebenswelt ziehen", schlußfolgert Wünschmann. Die Konsequenzen umfassen eine breite Palette: Messungen ließen sich überall auf der Welt einsetzen, wo Ratten leben. Wegen der Ähnlichkeit zwischen den Organismen von Mensch und Ratte hält Wünschmann Rückschlüsse auf Umweltbelastungen beim Menschen für möglich.

Derzeit kämpfen die Zittauer um Geldgeber für weitere Forschungen. Eine halbe Million Euro kostet die weitere Entwicklung der Analysen für die Praxis, schätzt Wünschmann. Zuviel selbst für das Umweltbundesamt. Bis sich ein Sponsor findet, bleiben die Forschungen deshalb in der Tiefkühltruhe.

KATLEN TRAUTMANN

 

Katlen Trautmann • Tel.: 0351 31 777 81 • Fax: 3222 375 4 357 • Funk: 0171 26 66 354 • Email: katlen.trautmann@t-online.de

 
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