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Polarforschung: Dresdner Professor brennt für Ewiges Eis
Von Katlen Trautmann, dpa

Dresden (dpa/sn) - Wohl keiner träumt in diesem Sommer von einer Reise in Gegenden mit Temperaturen um den Gefrierpunkt. Professor Reinhard Dietrich von der Technischen Universität Dresden gehört zu den Ausnahmen. Der Experte für Planetare Geodäsie erforscht das Eis der Polkappen. Seit kurzem koordiniert der 57 Jahre alte Wissenschaftler die Polarforschung an den deutschen Hochschulen. Anfang August bricht er zu einer Expedition nach Grönland auf.

Seit 1991 führt der Fachmann mit dem Diplom des Vermessungsingenieurs das Dresdner Institut für Planetare Geodäsie. Dessen 15 Mitarbeiter und rund 40 Studenten pro Jahrgang untersuchen die Zu- und Abnahme des Ewigen Eises auf der Erde und sammeln Hinweise für Änderungen des Klimas. Sie vermessen zudem die Höhe der Meeresspiegel und das Tempo, mit dem sich die Erdkruste an der Ostseeküste hebt oder senkt. Erstere Daten dienen der Kalibrierung von Satelliten. Letztere geben Hinweise zur Dicke der Schichten während der Eiszeit. «Via Satellit lässt sich ein Orte auf den Zentimeter genau bestimmen», berichtet der Professor. Aktuelle Messungen seien hunderttausendmal genauer als vor 50 Jahren und würden jedes Jahrzehnt zehn Mal exakter. Sie geben Antwort auf Fragen wie: Wohin und wie schnell driften Kontinente? Sie wandern rund zehn Zentimeter im Jahr auseinander - etwa so schnell, wie Fingernägel wachsen. Auch Klimaforscher interessieren sich für die Messwerte. «Als Faustregel gilt: bei gleichzeitigem Schmelzen allen Polareises würden die Spiegel der Weltmeere um 60 Meter steigen», sagt der Professor. Die Ohio State University/USA verlieh ihm für seine Arbeiten einen Preis.

Das Überwintern auf einer Expedition in die Antarktis von 1971 bis 1973 schlug den Studenten Dietrich in den Bann des Eises. Nach rund 40 Dienstjahren, zwei Antarktis- und Grönlandexpeditionen kennt er etliche eisige Landschaften. «Das Nordlicht ist das faszinierendste Naturschauspiel», schwärmt der «Polar-Fuchs».

Anfang August schlägt er die Zelte auf der mit 2,18 Millionen Quadratmetern größten Insel der Welt auf. Vier Wochen lang will er mit Kollegen das Tempo am schnellsten Gletscher vor Ort- dem Jakobshavn Isbrae - messen. Drei Wissenschaftler des Institutes beziehen im November Quartier auf der Neumayer-Station, Deutschlands größtem Forschungslager in der Antarktis. Das macht sie zu Mitgliedern eines exklusiven Zirkels: 43 Menschen, darunter sechs Frauen, brachen jemals von Dresden in Richtung Polareis auf. Der Exil-Schwabe Friedrich Bidlingsmaier, damals Mitarbeiter der Königlichen Technischen Hochschule, war mit der Tour zwischen 1901 und 1903 der Erste.

Wissenschaftler von rund zehn Hochschulen und des Alfred-Wegener-Instituts für Polar-und Meeresforschung Bremerhaven arbeiten in der bundesdeutschen Polarforschung zusammen. Deutschland gilt darin weltweit als einer der führenden Länder. Unter Leitung des Professors laufen momentan Vorbereitungen für das Internationale Polarjahr 2007/2008, das noch mehr Begeisterung für Polarforschung wecken soll.

 

Katlen Trautmann • Tel.: 0351 31 777 81 • Fax: 3222 375 4 357 • Funk: 0171 26 66 354 • Email: katlen.trautmann@t-online.de

 
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