Fenster schließen
  Drucken
 

\\\"\\\"Straff organisiert und gut informiert - so bringen junge Frauen Medizinstudium und Kind unter einen Hut



HINTERGRUNDStraff organisiert und gut informiert - so bringen junge Frauen Medizinstudium und Kind unter einen Hut

Von Katlen Trautmann

Saskia M.* aus Dresden hat eine Familie und möchte Kinderärztin werden. Die Studentin im 10. Semester ist Mutter der neun Wochen alten Magdalena Luise. Ihr Studium hat die 24-Jährige bemerkenswert im Griff. Nach ihrer Ansicht können angehende Medizinerinnen Kind, Ausbildung und Beruf in Dresden leichter unter einen Hut bringen als andernorts. Nach dem Examen kann sie sich einen Job im Ausland ebenso vorstellen wie in Sachsen.

Die Entscheidung für ein Kind während des Studiums fiel Saskia M. leicht. \\\"Mein Mann kommt aus einer kinderreichen Familie.\\\" Auch für sie stand eine zeitige Elternschaft außer Frage \\\"Das Studium ist die beste Zeit, um Kinder zu bekommen\\\", sagt Saskia M.. Sie meistert beides. Zwölf Tage nach der Entbindung begann das neue Semester. Bis zu sechs Stunden täglich wendet die junge Mutter zum Studieren auf, obwohl offiziell ein Urlaubssemester läuft. Sie besucht Präsenzveranstaltungen, Kurse, Tutorien und Praktika, arbeitet Vorlesungen via Internet nach und macht Prüfungen für Scheine in Notfall- und Intensivmedizin. Das Allgemeinmedizin-Blockpraktikum durfte sie in die Zeit der Schwangerschaft vorverlegen.

Trotz Kind gestaltet sich der Alltag unproblematisch. Dass die Universität einen solchen Studienplan ermöglicht, nennt Saskia M. \\\"sehr großzügig\\\". Bei dem Tempo wird sie nach dem Praktischen Jahr sogar ein zusätzliches Semester nehmen müssen, um auf die Regelstudienzeit von 12,5 Semestern zu kommen. Diese sind für die Zulassung zum Staatsexamen gefordert.

Für so ein Studium braucht man Disziplin und straffe Organisation. \\\"Den Alltag empfinde ich dennoch als relativ unproblematisch\\\", sagt die Studentin gelassen. Das ist auch dank der Hilfe einer Freundin und ihres Mannes so. Der arbeitet als Student im Praktischen Jahr und möchte sich auf Innere Medizin spezialisieren. \\\"Wir wechseln uns bei der Betreuung unserer Tochter ab\\\", erzählt die angehende Medizinerin. Im Notfall springen die Schwiegereltern ein, die Schwiegermutter ist gelernte Krankenschwester.

Geldmangel als Ausschlusskriterium für ein Baby akzeptiert Saskia M. nicht. Bei Erstausstattung von Studentenwerk und der Stiftung \\\"Mutter und Kind\\\", Bundes- und sächsischem Landeserziehungsgeld plus Bafög komme einiges zusammen. \\\"In Amerika erhalten Mütter nichts\\\", unterstreicht M.. Deutsche Studenten könnten sich ein Kind leisten, wenn sie sich informieren würden. Rund sieben Prozent der 35 000 Dresdner Studenten haben Nachwuchs. Die Dresdner Alma Mater will in den kommenden Jahren eine der familienfreundlichsten Hochschulen Deutschlands werden. \\\"Nicht zuletzt sichern wir damit die Zukunft unseren wissenschaftlichen Nachwuchs\\\", sagt Rektor Hermann Kokenge. Ein Campusbüro \\\"Uni mit Kind\\\" bündelt seit Jahresbeginn Beratungen, Angebote und Kurse rund ums Kind.

Saskia M. greift dank der Unterstützung ihres Umfeldes darauf nicht zurück. Doch Studentinnen ohne Familie am Studienort bekommen dort handfeste Hilfe. Paten-Omas kümmern sich flexibel und kostenlos um Enkel auf Zeit, während die Eltern studieren. Stillzimmer, Kinderwagen und Spielraum finden sich im Campusbüro, Wickeltische in fast allen Instituten. \\\"Wir verstehen es als Generationen übergreifendes Projekt\\\", so Büroleiterin Cordula Meier. Die Universität erhielt kürzlich von der Hertie-Stiftung das Zertifikat \\\"Familiengerechte Hochschule\\\". Schirmherren des Siegels für Familienfreundlichkeit sind das Bundesfamilien- und das Bundeswirtschaftsministerium.

Medizinstudenten haben mehr Zeit für ihre Kinder als Ärzte\\\"Ein zweites Kind während des Studiums wäre vorteilhaft\\\", sagt Saskia M., denn auch optimistisch. \\\"So viel Zeit wie jetzt werde ich im Arbeitsalltag nicht mehr haben.\\\" In der Assistenzzeit habe man zwar mehr Geld, aber es sei schwieriger, eine Pause fürs Kind einzulegen. \\\"Wir haben nicht das Gefühl, als Eltern irgendwas vom Leben zu verpassen\\\", spricht die Studentin für ihren Mann und sich. Wenn beide Eltern im Fachschaftsrat mitarbeiten, kommt die Kleine mit. Für ein Hindernis bei einer Einstellung hält die angehende Ärztin die zeitige Familiengründung nicht. \\\"Im Gegenteil: Für den Arbeitgeber ist es doch von Vorteil, wenn die Kinder aus dem Gröbsten raus sind.\\\" Das Ehepaar will noch Erfahrungen in Übersee sammeln. Vorsorglich ist die Tochter in einem begehrten privaten Dresdner Kindergarten sowie in städtischen Kindertagesstätten auf die Warteliste gesetzt. \\\"Kinderkrippe und -garten finde ich nicht schlecht\\\", unterstreicht ihre Mutter. Der Zusatz ist ihr ganz wichtig. \\\"Ich war ab dem Alter von einem Jahr in der Krippe.\\\"Doch noch vor dem Facharztexamen nach sechseinhalb Jahren zieht es die Familie nach Übersee. M. wird für zwei Monate an der Marshall University in Huntington (West-Virginia) arbeiten. Die Klinik kennt sie seit der Famulatur im 8. Semester. Ihr Mann will mitreisen, sich um die Tochter kümmern und für das eigene Staatsexamen lernen. Saskia M. freut sich auf die Zukunft. \\\"Mit 40 bis 45 Jahren, wenn andere späte Eltern die Schuleinführung feiern, genießen wir unsere Zweisamkeit und reisen um die Welt.\\\"

Finanzielle Hilfen für Eltern
Das Bundesfamilienministerium (BMfSFJ) gibt Auskunft zum Bundeserziehungsgeld und bietet Links zur Bundesstiftung \\\"Familie und Kind\\\". Die Bundesstiftung gewährt in Abhängigkeit vom Einkommen Zuschüsse zur Erstausstattung.

Die Bundesländer Sachsen, Thüringen, Baden-Württemberg und Bayern zahlen im Anschluss an das Bundeselterngeld freiwillig Landeserziehungsgeld. Sachsens Sozialministerium bündelt alle Informationen zu Elternhilfen materieller und immaterieller Art auf einer Homepage.

Das Studentenwerk der TU Dresden gewährt Schwangeren zusätzlich einen einmaligen Zuschuss für die Erstausstattung in Höhe von 200 Euro und 25 Freitischmarken für die Mensa.

Der bundesweit tätige überkonfessionelle Verein KALEB hilft (zumindest in Dresden) mit Gratis-Babysachen und Schwangerenkleidung.

Welche finanziellen Hilfen in anderen Ländern zu bekommen sind, nennt ein Link auf der Homepage des Bundesfamilienministeriums.·

Bundesstiftung Familie und Kind: www.bmfsfj.de/Politikbereiche/familie,did=26446.html· Bundesländer: www.bmfsfj.de/Politikbereiche/familie,did=26424.html· Vereine:
www.kaleb.de·

Sachsen: www.familie.sachsen.de
* Name der Redaktion bekannt

Copyright © 1997-2007 by Ärzte Zeitung

 

Katlen Trautmann • Tel.: 0351 31 777 81 • Fax: 3222 375 4 357 • Funk: 0171 26 66 354 • Email: katlen.trautmann@t-online.de

 
Fenster schließen
Drucken