Sächssische Zeitung, 16. September 2006
Blick nach England
Auf der Weltbank-Bestenliste für Unternehmerfreundlichkeit behauptet sich Deutschland nur bei den Exporten und beim Kreditzugang vorn. Kann Deutschland zufrieden sein?
Beim Handel schneidet Deutschland in der Tat gut ab. Der unkomplizierte Zugang zu Krediten ist für den Mittelstand eine kaum zu überschätzende Hilfe. Platz 21 von 175 untersuchten Ländern ist insgesamt kein schlechtes Ergebnis.
Deutschland war „Reformer des Jahres“. Ist der Eifer erlahmt?
Das nicht, aber manche Reformen gehen nicht so schnell voran, wie das wünschenswert wäre. Die Flexibilität des Arbeitsmarktes müsste höher sein. Schauen Sie, in Ländern mit rigiden Arbeitsmarktgesetzen ist die Arbeitslosigkeit hoch.
Wir liegen bei der Unternehmerfreundlichkeit in Europa zwar nach Großbritannien (Platz 6), aber vor Frankreich (Platz 35), Spanien (Platz 39) und Italien (Platz 82). Das Ergebnis zeigt aber auch, wir müssen die Mahnung ernst nehmen.
Sehen Sie die Ermahnung als Ruf nach weniger Bürokratie?
Ja. Das erste Mittelstandsentlastungsgesetz hat den Paragrafendschungel zwar schon gelichtet. Aber Existenzgründungen sollen leichter werden. Der Entwurf des Bundesjustizministeriums für ein neues GmbH-Recht sieht eine Reduzierung der Einlagesumme von 25 000 auf 10 000 Euro vor. Im Bundestag gibt es zudem Überlegungen, nach britischem Vorbild „Ltd.“-Gesellschaften ohne Mindestkapital zu ermöglichen.
Gibt es bei den Arbeitsmarktvorschriften Handlungsbedarf?
Auf jeden Fall. Ich bin gegen einen Mindestlohn, weil dann möglicherweise noch weniger Menschen in Lohn kommen als jetzt. Mittelständische Betriebe können sich den Mindestlohn gar nicht leisten! Auch vom Vorhaben, befristete Arbeitsverhältnisse durch die zweijährige Probezeit zu ersetzen, halte ich wenig. Das führt nur dazu, dass Unternehmer keine Mitarbeiter mehr befristet einstellen – aus Sorge, ein für ihn oft unbezahlbares, befristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen.
Wie können Forschung und innovativer Mittelstand von weniger Bürokratie profitieren?
Die Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums für den innovativen Mittelstand wächst von 458 Millionen Euro im Jahr 2005 auf 673 Millionen Euro im Jahr 2009. Durch den High-Tech-Gründerfonds mit rund 260 Millionen Euro Volumen eröffnen wir den Zugang zu Beteiligungskapital in der Startphase. Private Investoren sollen ermutigt werden, ihr Geld auch in jungen Technologieunternehmen anzulegen. Auch die Förderung von Clustern hat sich bewährt. In Sachsen machen sie das sehr gut. „Silicon Saxony“ kann als Vorbild für andere Branchen dienen.
Gespräch: Katlen Trautmann