Fenster schließen
  Drucken
 

Sächsische Zeitung, März 2007


Sächsische Zeitung
Montag, 16. April 2007
Virtuelles Labor für Elektronen
Von Katlen Trautmann

Laserpulse können Kräfte zwischen den Teilchen im Atom aufdecken.

Wissenschaftliche Fragen beschäftigen sich derzeit mit der Richtung und dem Tempo, mit dem sich Elektronen und positiv geladene Atomkerne im Raum bewegen. Antwort auf solche Fragen kann die Quantenfotografie geben.

Für Aufnahmen der Wege und Orte der Elektronen muss man die im Atom waltenden Kräfte überwinden. Dafür empfiehlt sich der Laser, genauer der Pulslaser. Im Unterschied zu kontinuierlichen Lasern wird bei ihren gepulsten Pendants das Licht in Paketen abgegeben. So lassen sich höhere Intensitäten erzielen.

Die bislang kürzeste gemessene Dauer eines Laserpulses liegt bei 130 Attosekunden. Ein Herzschlag dauert eine Sekunde. Diese neunmal durch zehn geteilt, ergibt eine Nanosekunde – so lange dauert ein Arbeitsschritt des PC-Prozessors. Teilt man diese Winzigkeit wieder neunmal durch zehn, bleibt die Attosekunde. Die durchschnittliche Runde eines Elektrons um den Atomkern dauert etwa 25Attosekunden.

Der stärkste jemals erzeugte Laserpuls hatte die Intensität von mehr als 1020 Watt pro Quadratzentimeter. Das entspricht der Energie von tausend Sonnen, gerichtet auf eine Cent-Münze.

Tagelange Berechnungen

„Aber beides zusammen, den intensivsten Puls in kürzestmöglicher Zeitspanne, das bekommt man nicht gleichzeitig“, sagt Andreas Becker vom Dresdner Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme. Die Forscher des Instituts bilden die Abläufe daher in einem virtuellen Labor ab und entwickeln Modelle, mit deren Hilfe sich solche Aufnahmen darstellen lassen. Ihr Arbeitsfeld ist die Attophysik – benannt nach der Zeitdauer der zu fotografierenden Teilchenbewegungen, der Attosekunde.

Die Resultate der von ihnen abgebildeten Abläufe ermitteln die Physiker mit der sogenannten Schrödinger-Gleichung. „Die Gleichung beschreibt alle Eigenschaften aller Teilchen eines Systems“, sagt Becker. Die Dresdner Forscher haben den Raum dafür mit einem Gitter aufgeteilt, mit bis zu 1000 Punkten in drei Dimensionen. 70000 Rechenoperationen laufen pro Gitterpunkt. Das macht für jeden beliebigen Zeitpunkt siebenmal 1013 Rechenschritte. Selbst schnelle Rechner sind damit 81 Tage beschäftigt. Durch Zusammenschluss mehrerer Einheiten lässt sich die Rechenzeit auf fünf bis 20Tage drücken, heißt es.

Durch den Kniff mit dem Gitter lassen sich Schnappschüsse von Systemen aus drei Elementen, beispielsweise ein Helium-Atom mit seinen zwei Elektronen, erstmals im dreidimensionalen Raum erstellen, erklärt Becker. So konnten die Wissenschaftler beschreiben, wie sich bei Energiezufuhr die negativen Teilchen vom Kern lösen. Zuerst verlässt eines den Kern, kehrt auf dem selben Weg zurück und schlägt – ähnlich einer Billardkugel – das zweite quasi heraus.

Die Untersuchung einer Reaktion an Wasserstoffmolekül-Ionen scheint noch vielversprechender zu sein. Das Molekül zerfällt entweder in zwei Protonen und ein Elektron oder in ein Wasserstoffatom plus Proton. „Wir haben gezeigt, dass man mit ultrakurzen Laserpulsen gezielt wählen kann, an welchem Proton sich das Elektron lokalisieren lässt. Das ist der Beweis, dass man mit Lasern die Bewegung von Elektronen in einer Reaktion kontrollieren kann

 

Katlen Trautmann • Tel.: 0351 31 777 81 • Fax: 3222 375 4 357 • Funk: 0171 26 66 354 • Email: katlen.trautmann@t-online.de

 
Fenster schließen
Drucken